Marc Amacher Support ZZ Top-Billy F Gibbons

Billy F Gibbons Marc Amacher 

Volkshaus – Zürich
Donnerstag, 29. Juni 2023

Trotz subtropischer Temperaturen im Volkshaus wurde auf den letzten Drücker noch Marc Amacher als Anheizer für Billy F Gibbons angekündigt. Zusammen mit Energiebündel Emi Bassbabe und Drummer Fäbu rockte der ehemalige “The Voice of Germany” Finalist die Volkshaus-Stage und drückte ihr, in einem 30 minütigen Set, seinen dreckverschmierten Blues-Stempel auf. Ein fulminanter Start in der gefühlt ausverkauften Sauna des Volkshauses.

Mit Auftritt von Billy F. Gibbons und seiner Begleitband, den bescheiden betitelten „The BFG’s“, geriet dann das bereits durchgeschwitzte Publikum noch mehr unter Druck und konnte sich gleich zu Beginn mit dem ZZ Top Cover „Got Me Under Pressure“ auf das einstimmen, was man vom ZZ Top Frontmann erwartete: ZZ Top Songs und artverwandtes. Ein Blick auf die Setliste vergangener Konzerte der aktuellen „The Big One, Part 1“-Tour verriet, dass diese Erwartungen nicht enttäuscht werden sollten. Diese Setlists setzen sich bei meist 18 Songs anteilig aus mehr als der Hälfte ZZ Top Covers, fünf Bluesrock-Klassikern und nur drei Eigenkompositionen zusammen. So auch an diesem Abend. Die gleichen Songs, die gleiche Reihenfolge und (wahrscheinlich) auch die gleichen, reduzierten Ansagen.

Der angekündigte Ex-The Cult und Guns’n’Roses Schlagwerker Matt Sorum war aus unerfindlichen Gründen nicht mit von der Partie und so gab ein brachialer Unbekannter den Takt vor und knüppelte knapp anderthalb übermotivierte Stunden gnadenlos auf sein Drumset ein. Zugegeben mit ordentlichem Wumms und beachtlichem Timing. Aber ZZ Top-Drummer Frank Beard brachte da doch ein deutlich abwechslungsreicheres Spiel ins vielzitierte Texas Trio. Gänzlich irritierend empfand ich die Rolle des zweiten Gitarristen/Bassisten Austin Hanks, dessen sichtbare Griffbrettaktivitäten auf seiner 6-string (?) so gar nicht zu den hörbaren Basslinien passten. Kam da möglicherweise etwas vom Band? Und wenn ja, was machte er dann überhaupt auf der Bühne? Sein Gesangspart bei „Beerdrinkers & Hellraisers“ klang jedenfalls wie ein verstopfter Laubbläser und konnte ihm kaum diesen Job verschafft haben. Einzig die Hipsterbart-Blaupause Billy überzeugte mit gewohnter Reibeisenstimme und knarzigen Riffs und Soli.

Und muss man die drei Herren eigentlich unbedingt mit ZZ Top vergleichen? Immerhin handelt es sich hier ja um das eigenständige Projekt Billy F Gibbons & The BFG’s. Die Antwort gibt die oben erwähnte Setlist. Bei über 55% ZZ Top Covers muss man sich einen Vergleich mit dem Original gefallen lassen. Dieser Vergleich lässt vermuten, dass offensichtlich nicht mal Billy selbst von seinem eigenen Material sonderlich angetan ist und sogar einigen mehr oder weniger angestaubten Blues-Klassikern den Vorzug gibt. Ok, „Foxy Lady“ von Hendrix kann man machen. Immerhin war es der Gitarren-Gott himself, der Gibbons damaliger Band „Moving Sidewalks“ einen Support-Slot auf seiner ersten Amerika Tour gab. Aber wie auch alle anderen Neuinterpretationen, konnte Billy und seine BFG’s nicht wirklich die Originale toppen oder ihnen zumindest eine eigene, einzigartige Note verleihen. Auch das konnten ZZ Top schon deutlich besser. Man denke an „ I Thank You“ oder „Dust My Broom“ vom fantastischen Album „Degüello“. Da halfen auch die lustigen Automechaniker-Overalls, Cowboyhüte und Sonnenbrillen nicht weiter.

Dem euphorisierten Publikum war das alles jedoch weitgehend schnuppe. Immerhin stand hier zweifellos eine lebende Legende auf der Bühne, der unter frenetischem Mitklatschen und zu archivarischen Zwecken munter mittels ausgiebigem Einsatz der Smartphonekamera Tribut gezollt wurde (wer zur Hölle schaut sich das zu Hause eigentlich überhaupt an?). Auch der wacklig in die Länge gezogene Überhit „La Grange“ konnte am Ende einer insgesamt recht lustlosen (euphemistisch ausgedrückt „coolen“) Performance ohne jegliche Zugabe(n) nicht darüber hinweg täuschen, dass Rock’n’Roll vielleicht nie sterben wird. Ganz schön alt werden kann er aber offensichtlich schon.

Quelle: Text: Torsten Sarfert / Bilder: Berend Stettler